The Daily Irrsinn

Zandvoort aan Zee – Schön scheußlich!

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Beton! Jedes Mal, wenn ich das Meer sehen will, muss ich an ihm vorbei. Heruntergekommene Bettenburgen versperren mir die Sicht. Ich hasse sie. Auf dem Weg zur Strandpromenade von Zandvoort gibt es weder Baum noch Strauch. Überall bröckelt und blättert es. Die architektonischen Idiotien der 60er und 70er Jahren modern vor sich hin. Noch nicht einmal das Palace Hotel hält es für nötig, den Müll aus dem spärlich gesetzten Dünengras zu klauben.

Kein Baum, kein Strauch! In den 60er Jahren mögen diese Betonburgen eine Art Errungenschaft gewesen sein. Heute sind sie nur marode, heruntergekommen und nur noch hässlich.
Kein Baum, kein Strauch! In den 60er Jahren mögen diese Betonburgen eine Art Errungenschaft gewesen sein. Heute sind sie nur marode, heruntergekommen und hässlich.

Benidorm an der Nordsee

Immer wieder schießt mir die britische Serie Benidorm in den Kopf und sie wird mich in den nächsten vier Tagen nur in kleinen stillen Momenten loslassen. Dabei ist die Innstadt von Zandvoort wirklich hübsch, fast mediterran. In den kleinen Gassen laden Kaffees und Restaurants zum draußen Sitzen ein. Alles ist sehr niedlich und hübsch restauriert. An unserem Häuschen links herum führt eine Straße stadtauswärts. An ihr stehen stolz wunderschöne, teils hochherrschaftliche Häuser als hätten sie rein gar nichts mit den rotten Plattenbauten und den vielen Touristen zu tun.

Das Palace Hotel in Zandvoort
Kein Wunder, dass die Best Western Kette ihre Logos von diesem hässlichen Trumm geknibbelt hat. Am Vordach sind die Umrisse noch deutlich zu sehen.
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Dennoch, vier Tage in Zandvoort haben mir gezeigt, dass Ruhe ein kostbares Gut ist und Geschmack nach wie vor nicht diskutabel. Außerdem, wer glaubt, Ende August seine Hunde zu den erlaubten Zeiten (vor 9:00 Uhr und nach 19:00 Uhr) ganz in Ruhe am Strand flitzen lassen zu können, der irrt gewaltig. Jeder, aber auch wirklich jeder der Zandvoort besucht, scheint mindestens einen bis fünf Vierbeiner zu haben. Der Strand ist zwar lang, aber so viele Hunde verteilen sich nicht so leicht. Während unserer Zeit dort habe ich nicht nur eine Keilerei mit ansehen müssen. Fotografieren am Strand war deshalb nahezu unmöglich. Ich musste ständig ein Auge auf die Hunde und ihre Umgebung haben.

Zandvoort - Am Samstag strömen Menschen zu Hunderten an den Strand.
Zandvoort – Am Samstag spucken Züge im Halbstundentakt hunderte von Menschen aus, die dann von dem hübschen Bahnhof zum Strand hetzten.

Verkehrsgünstig gelegen

Viele werden sich jetzt vor den Kopf schlagen: Mit Windhunden fährt man ja auch nicht nach Zandvoort! Klar und eigentlich wollte ich dort auch gar nicht hin. Doch mittlerweile ist es hier eine schöne Tradition, ein paar Tage am Meer zu verbringen, wenn Tom am Circuit in Zandvoort moderiert. Letztes Jahr hatten wir ein Häuschen in Noordwijk, dieses Jahr sollte es direkt in Zandvoort sein. Mir war nicht ganz wohl dabei, denn es ist ja allgemein bekannt, dass das alte Seebad ein Touristenmagnet ist.

Zumindest war unser Appartement hübsch, modern und ausreichend groß für uns zwei und die beiden Whippets. Unser kleiner Hof war sonnig aber leider nicht eingezäunt war. Damit kann man sich arrangieren. Die Pension namens Jade liegt direkt hinter dem Bahnhof. Ich weiß also jetzt ganz genau, wann die Züge fahren. Das ist auch was wert. Und, je nach dem wie der Wind stand, konnte ich die Rundenzeiten, die man auf dem Circuit fuhr, aus unserer Küche mit stoppen.

Das Casino in Zandvoort
Ich habe noch nie begriffen, was Menschen an Casinos so spannend finden. Sie fressen Geld und verschandeln die Landschaft.

Zandvoort – Manchmal ist es sogar schön.

Es war nicht alles schlecht. Das muss ich zugeben. Ganz früh am Morgen konnte ich Spaziergänge mit den Hunden machen ganz ohne Gefahr zu laufen, von einem der komplett geistesgestörten Rollerfahrern umgemäht zu werden. Ich konnte frische Luft atmen und mir die schönen Ecken des Städtchen angucken.

Unsere Abende in den Strandbars waren fast romantischer Natur und wir haben fabelhaft gegessen. Das stimmt grundsätzlich versöhnlich. Als ich allerdings hörte, dass ein Teilnehmer der über drei Tage angesetzten Motorsportveranstaltung nach dem Genuss einer Seafood-Platte mit Lalülala ins Krankenhaus gebracht werden musste, war mir die Lust auf Schalentiere schlagartig vergangen. Diesen Luxus würde ich mir ausschließlich in unserer Bar gönnen.

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Köstlich! Ein Burger mit einem halben Hummer im "de Haven". Diese Strandbar hat es uns angetan.
Köstlich! Ein Burger mit einem halben Hummer im „de Haven“. Diese Strandbar hat es uns angetan.
Hat man die Plattenbauten einmal hinter sich gelassen, dann ist der Blick frei auf die Nordsee.
Hat man die Plattenbauten einmal hinter sich gelassen, dann ist der Blick auf die Nordsee endlich frei.

Es ist immer eine Frage der Bedürfnisse

Es fällt mir schwer objektiv zu sein. Die Stadt Zandvoort hat seine Küstenlinie für immer versaut. So wie es viele andere Seebäder in der Vergangenheit getan haben. Palace Hotel, Center Parc und andere Sünden nehmen dem alten Städtchen nicht nur die Sonne, sondern verderben jede Art von Lebensqualität. Mag sein, dass das den Tagestourist einen feuchten Dreck schert. Er will mit drei Kindern an den Strand. Letztere werden dort auch ganz sicher Spaß haben, weil sie nichts als Wasser und Sand wollen. Aber ich bzw. wir sind dafür nicht gemacht. Das hat mit Arroganz nichts zu tun, denn das Wochenende war richtig teuer. Wir haben für vier Übernachtungen in einem Appartement, das sehr nahe am Bahnhof liegt fast 800 Euro bezahlt. In der Vendée bekomme ich ein Haus am einem Strand ohne Menschen für 1200 Euro die Woche. Der Weg ist allerdings auch weiter. 250 Kilometer versus 1000. Ich nähme die 1000. Immer wieder. Die folgen Fotos sprechen wohl für sich.

Ohne Arme keine Kekse! Die seit einem Wettbewerb installierten Sandskulpturen passen eher in den sozialistischen Realismus als in ein Strandbad im Jahre 2019.
Ohne Arme keine Kekse! Die seit dem Wettbewerb „70 Jahre Freiheit“ an der Promenade installierten Sandskulpturen passen eher in den sozialistischen Realismus als in ein Strandbad im Jahre 2019.
Schön scheußlich - Zandvoort aan Zee
Alles bröckelt. Für was auch immer dieser Pavillon in den 60er Jahren gut war, heute ist dort eine Trödelhalle.
Sogar die Niederländische Flagge ist hinüber. Die kleinen, frechen Dohlen gehören übrigens ebenso zu Zandvoort wie der allgegenwärtige Backfischdunst.
Sogar die Niederländische Flagge ist hinüber. Die kleinen, frechen Dohlen gehören übrigens ebenso zu Zandvoort wie der allgegenwärtige Backfischdunst.
Nein, keines der Hochhäuser war auch nur ansatzweise schön anzusehen. Die Küstenlinie nahe des Zentrums von Zandvoort ist komplett versaut.
Nein, keines der Hochhäuser war auch nur ansatzweise schön anzusehen. Die Küstenlinie nahe des Zentrums von Zandvoort ist komplett versaut.
Zandvoort aan Zee - Schön scheußlich!
Laterne in scheußlich.
Zandvoort aan Zee - Schön scheußlich!
Zandvoort aan Zee – Schön scheußlich!
Das ist die Rückseite des Gebäudes vom Titelbild. Das Eiscafé hat wohl schon vor längerer Zeit in den Sack gehauen.
Das ist die Rückseite des Gebäudes vom oben. Das Eiscafé hat wohl schon vor längerer Zeit in den Sack gehauen.
Das ist das Fenster eines Hauses, das im Schatten der Betonburgen steht.
Das Fenster eines Hauses im Schatten der Betonburgen.
Fahrräder an der Promenade von  Zandvoort.
Auf der anderen Seite liegt Großbritannien.
Zandvoort aan Zee - Schön scheußlich!
Zwei Food Truck rollen täglich am Strand entlang. Ihre Dieselfahnen riecht man sogar noch in den Strandbars.
Zandvoort aan Zee - Schön scheußlich!
Leinenzwang! Selbst wenn es den über den Tag nicht gäbe, meine Jungs dürften nur eingeschränkt laufen.
Zandvoort aan Zee - Schön scheußlich!
Mono im Schatten. Am letzten Wochenende war es sehr warm.
Eile, Eile! Das niederländische Verkehrskonzept ist auf Radfahrer ausgelegt. Grundsätzlich positiv. Die Rollerfahrer, die die Radspuren dort mitbenutzen dürfen, sind allerdings gewöhnungsbedürftig. In Deutschland würden sie vermutlich keine Woche überleben.
Eile, Eile! Das niederländische Verkehrskonzept ist auf Radfahrer ausgelegt. Grundsätzlich positiv. Die Rollerfahrer, die die Radspuren dort mitbenutzen dürfen, sind allerdings gewöhnungsbedürftig. In Deutschland würden sie vermutlich keine Woche überleben.
Kann man mögen, muss man aber nicht. Diese "lustige" Illustration ziert ein Ding von Gebäude, dass das übelste Parkhaus elegant aussehen lässt.
Kann man mögen, muss man aber nicht. Diese „lustige“ Illustration ziert ein Ding von Gebäude, dass das übelste Parkhaus elegant aussehen lässt.
Schön scheußlich - Zandvoort aan Zee
In den 60er Jahren war das vielleicht mal schick. Wenn die Brücke allerdings schon mit Holzpfosten gestützt werden muss, dann mag ich nicht darunter her gehen.
Selbstportrait mit Whippets - In der Betonmeile zwischen Innenstadt und Strand fühle ich mich wie auf eine, anderen Planeten.
Selbstportrait mit Whippets – In der Betonmeile zwischen Innenstadt und Strand fühle ich mich wie auf einem anderen Planeten.
Ich gebe zu, ich bin verwöhnt, aber Menschen am Strand? Das kenn ich aus Frankreich gar nicht.
Ich gebe zu, ich bin verwöhnt, aber Menschen am Strand? Das kenn ich aus Frankreich gar nicht.
Zandvoort aan Zee ist das Naherholungsgebiet für das Umland von Amsterdam. Selbstredend ist dort bei gutem Wetter die Molly los.
Zandvoort aan Zee ist das Naherholungsgebiet für das Umland von Amsterdam. Selbstredend ist dort bei gutem Wetter die Molly los.
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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

5 Comments

  1. Passt, leider…

    Ich kenne Zandvoort noch als Kind in den 70ern und ja auch da war Tourismus, aber es hatte irgendwie Charme.
    Allerdings wohnten wir damals in einem sehr schönen Viertel, welches auch heute noch das „alte Zandvoort“ repräsentiert.
    Irgendwann erkannten meine Eltern, dass es aus unserer Sicht bergab geht, verkauften das Haus und sie suchten uns ein Haus weiter nördlich, wo Menschen leben, welche sich benehmen können, die Küste nicht im Ansatz verbaut ist und man trotzdem nicht „vereinsamt“. Und vor allem man am Strand spazieren gehen kann ohne auch mal 30 Minuten jemanden zu treffen
    Bin heute noch dankbar dafür.
    Aber man muss solche Orte wie Zandvoort und auch Scheveningen dafür schätzen, dass es einem die Menschen vom Hals hält, welche man gerade zur Erholung (und auch sonst) nicht sehen möchte.

    Insofern, danke Zandvoort!

    • Ich weiß nicht ob dieser Blog noch gelesen wird, aber ich fahre schon seit ich denken kann/klein war immer mal wieder nach Zaandvoort. So wie wir jetzt neben der Saisons ein paar Tage, wenn auch mit stürmischem Wetter, die Füße am Strand austreten.
      Je älter ich werde, desto schlimmer finde ich die alten wirklich ramschig wirkenden Betonbauten am Strand. Viel Leerstand, alles alt, Farbe blättert… Ich frag mich jedes Mal ob da wirklich noch Hotelbetrieb ist oder einfach billige Wohnungen / Quartiere, ob das alles mal hochwertige Hotels in den 70er waren oder immer so aussah.. diese Betonbauten verschandeln wirklich den Ort..

  2. Hätte ich das mal gelesen bevor ich unseren Urlaub hier buchte.
    Cool war, dass wir mit dem Zug schnell zu einem Ausflug in Amsterdam waren.
    Es war so wie ich mir Malle vorstelle, das wir auch meiden.
    Grölende Fußballerhorden aus NRW, verdarben mir den Nachmittag am Strand, mein Reisebericht wird mal wieder ehrlich sein und deshalb werde ich auch nie als Blogger eingeladen von Hotels und Co

  3. Alexis Lepouras Reply

    Ich bin stark verwundert, welche Erwartungen man wohl an einen Ort gehabt haben mag, der sich ,,Amsterdam Beach“ nennt. Wer sich zudem in der Nähe eines Bahnhofs einquartiert, muss auch hier mit dem Auftreten ortsspezifischer Phänomene rechnen. Ein aus der Sicht einer Motivirrenden sicher recht treffend geschriebener Reisebericht. Objektiv betrachtet als ein solcher jedoch eher untauglich und auch zu einseitig, wer Zandvoorts ruhige Plätze ernsthaft suchen mag, findet diese auch. Insgesamt dann eher im satirischen Bereich zu verorten, allerdings ohne, dass man die Verbitterung stets einwandfrei als Humor identifizieren könnte.

    • Karla Schwede Reply

      Vielen Dank für ihren Kommentar, aber sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass ich keinesfalls den Plan hatte, objektiv zu sein. Warum sollte ich auch? Diese Erzählung ist eine rein subjektive Schilderung meiner Erlebnisse. Und sie werden weder unsere Umstände noch meine Ansprüche beurteilen können.

      Entspannte Grüße

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