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Stromausfall im Denkodrom – oder wenn Daniel Craig ein Whippet wäre

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Am letzten Wochenende habe ich mir den neuen Bond angetan. Er ist einer dieser must-see Streifen, schon allein wegen der must-haves.

Die Frage ist allerdings, ob ich mir von einem ukrainischen Türsteher eine Omega Seamaster für rund 6.000 Euro verkaufen lassen würde. So sieht Daniel Craig nämlich aus, finde ich, in seinen etwas knappen Anzügen. Die Uhr ist ein Traum in Tüten ebenso wie der Aston Martin DB 10, mit dem er sich eine spektakuläre Verfolgungsjagd durch meine Lieblingsstadt Rom liefert. Auch das Kleid, das der viel zu zahm durchgeknallte Bösewicht Christoph Waltz dem Bond Girl Lea Seydoux kredenzt, ist nicht von den schlechtesten Eltern. Und der Film? Sehr bildgewaltig, ganz viel Spektakel aber ganz wenig Substanz. Die Dialoge? Mein lieber Herr Blofeld, ginge es vielleicht noch ein bisschen platter? Schwierig!

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Coolness versus Kassengift

Als ich mich dann nach dem Kino hungrig über eine große Platte Sushi beugte, schoss es mir durch den Kopf: Spectre ist eine bombastische Analogie zur Whippetwelt wie ich sie im Moment erlebe! Einerseits liefert man mir ein fette Show mit ganz vielen Ohhhhhs und Ahhhs, mit Glitzer, Glamour, Bremborium und Tatatam. Doch riskiere ich einen näheren Blick, dann macht es leise puff und außer eine paar netten Details bleibt nichts übrig. Andererseits kloppen sich ein paar dauerhaft im monothematischen Tunnel hockenden Akteure gegenseitig die Rübe ein. Klingt wie der nächste Blockbuster? Ne! Denn dafür bräuchten die Hauptdarsteller das Format, den Stil, das Charisma und die Coolness eines 007. Davon sind sie aber leider so weit entfernt, dass man sie als pures Kassengift in große Flaschen abfüllen könnte. Doch sie kämpfen als ginge es um die Weltherrschaft.

Danny im Mondlicht

Das mag daran liegen, dass sie sonst nichts auf der Welt haben, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Ganz ähnlich wie die Fußballeltern, deren Bekanntschaft ich machen durfte als unser Sohn im Alter von fünf Jahren den Minikickern beitrat. An den gleichaltrigen Yves und Leons hing nämlich schon früh die Bürde, gefälligst ein Supertalent zu sein, das in Bälde mit seinem Bundesligagehalt die Hütte und den Mercedes seiner frustrierten Erzeuger zu finanzieren hat.

Stromausfall im Denkodrom

Ob nun das vermeintlich hoch talentierte Kind oder der nächste Super-Hund, der schon im zarten Alter von 4 Wochen als solcher der Weltöffentlichkeit präsentiert wird – es wird immer solche geben, die ihre eigene Unzulänglichkeit mit dem kompensieren müssen, was sie produzieren. Und dabei machen sie aus blindem Ehrgeiz genau das kaputt, was ihnen zu Ruhm, Ehre und Geld verhelfen soll. Denn sie haben sich so heftig in ihrer kleinen Welt verbissen, dass sie niemals in ihrem Leben in die Nähe eines wie auch immer gearteten Tellerrandes kommen werden. Und sie werden niemals auf den Gedanken kommen, dass da draußen in der anderen Welt neunzig Prozent aller Menschen z.B. Hundeausstellungen vollkommen absurd und bescheuert finden. Sie werden auch niemals verstehen, dass Außenstehende es für schwer pathologisch halten, dass sie sich über Jahrzehnte heftige Grabenkämpfe um ein paar Zentimeter an einem schmalen Hund liefern. Was für eine Energie-, was für eine Zeitvergeudung!

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Danny im Mondlicht

Man könnte nun behaupten, dass in Spectre noch viel mehr unserer kostbaren Energie in den blauen Hollywoodhimmel gejagt wird. Stimmt irgendwie. Einen Aston Martin DB10 im Tiber zu versenken, gleich mehrere Land Rover zu schrotten, mexikanische Paläste, eine geheime Wüstenbasis und zwei Hubschrauber in die Luft zu sprengen ist schon kräftig viel heiße Luft und Lärm um nichts. Aber diese Show ist zumindest unterhaltsam.

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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

2 Comments

  1. Eigentlich wollte ich mich zurückhalten, aber hier muss ich noch mal…

    Ein schöner Text! Eigentlich eine Einladung par excellence für Kommentare und Diskussionen. Umso erstaunter bin ich, dass hier noch nichts dazu geschrieben wurde.

    Von mir nur so viel: der Blick über den eigenen kleinen Tellerrand birgt Gefahren. (Selbst)Erkenntnis und die daraus resultierenden Veränderungen! Deshalb lieben die meisten Menschen ihren kleinen Teller und ziehen darin ihre Kreise. Wer will schon Veränderungen oder gar die Erkenntnis, dass der bislang zurückgelegte Weg ein Fehler war? Eine sehr gute Bekannte von uns hat diese Erkenntnis sehr schön beschrieben. Sie sagte, es fühle sich an als würden Türen aufgestoßen durch die man geht und plötzlich hat man eine komplett andere Sicht auf die Dinge. Allen von Dir beschriebenen Menschen (und allen anderen Menschen denen es nicht schaden würde) wünsche ich dieses Erlebnis von Herzen.

    Und wenn man dann noch von jedem Menschen in genau diesem Moment ein Foto schießen könnte und damit eine Galerie füllen würde – das hätte schon was! 🙂

    LG Wolfhart

    • Wolfhart,

      ich glaube, dass manche nicht sicher sind, ob sie sich angesprochen fühlen müssen oder nicht. Ich meine nicht meine Whippet-Freunde. Die sind nämlich alle genau nicht so. Aber der Szene täte es insgesamt sehr gut, mal aus dem Mief herauszugucken. Denn sie sind nicht der Nabel der Welt, für den sie sich halten. Sie sind eine Randgruppe, die sich ständig um sich selbst dreht und deshalb eine Randgruppe bleibt. Oder so. 😉

      Entspannte Grüße

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