The Daily Irrsinn

Der Tag, an dem der dicke Charly fast vom Balkon fiel

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Seit fast sieben Jahren geistert der dicke Charly durch unser Leben. Oft hätte ich liebend gerne auf ihn verzichtet, aber irgendwie gehört er dazu. Er ist ein bisschen älter und noch ein bisschen langsamer als er ohnehin immer war, aber fett und böse wie eh und je.

Als es hieß, dass er umzieht hatte ich leichtsinnigerweise fast eine Party organisiert. Denn umziehen heißt für mich wegziehen. Für den dicken Charly bedeutete das eine Straße weiter. Er ist also noch da und hat sogar einen neuen Wirkungskreis dazu gewonnen. Charlys neue Wohnung hat einen Balkon. Vermutlich konnte er sein Glück kaum fassen, denn die griesegraue, witzigkleine Betonschachtel  bietet ihm den Blick über seine Straße. Ebenso wie den Eingang unseres Büdchen regiert er nun sein neugewonnenes Revier mit der eisernen Faust des größenwahnsinnigen Diktators, der er immer war. Sobald sich auf seiner Straße etwas regt, schießt sein eckiger Terrierkopf unter der Balkonbrüstung durch und schreit Zeter und Mordio.

Charlys Balkon
Charlys Balkon
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Neulich trafen wir ihn mal wieder an bzw. in unserem Büdchen. Alle Hunde der Nachbarschaft lieben die netten Damen, die dort Brötchen, Zigaretten, Süßigkeiten, Bier und den von Scharrrly Papa so geliebten Kümmerling verkaufen. Denn sie sind eine wie die andere niemals versagende Leckerchenautomaten. Ein kecker, freundlicher Blick über die Theke reicht. Begleitet von einem Hallo du Süßer, guten Mooorgen! kommt die Kaustange quasi auf Kommando. Mono und Danny wissen das sehr genau. Doch ich verderbe das Spiel und mache ein Leckerchenroulette daraus, indem ich den netten Damen nur ganz selten erlaube, den Jungs etwas zuzustecken.

Charly bekommt immer was. Jedes Mal denke ich:“Jetzt muss er endgültig platzen!“, aber leider folgt dem gierigen Schmatzen nie der laute Knall. Auch an diesem Tag hatte Charly längst seine Diktatorpose eingenommen, doch als der Leckerbissen schon fast in seiner Reichweite war, brabbelt Scharrly Papa: „Nein, Scharrrly muss abnehmen, hat Arzt gesagt!“

Charly
Eines der wenigen Fotos, die ich von Charly habe. Dieses hier ist von Januar 2014.

Im Leben nicht! Ich hatte mich verhört! Charly soll abnehmen? „Sind sie sicher?“, rutschte es mir raus. Ich kommuniziere eigentlich aus Prinzip nicht mit Scharrly Papa, aber das war eine Ausnahmesituation. „Ja, Scharrrrly muss, hat Arzt gesagt!“ Für diese Erleuchtung braucht es keinen Tierarzt, dachte ich.

Charly stand, als hätte man ihm die Pfoten einbetoniert. Sein kleines Terrierhirn war nicht in der Lage diesen unerhörten Affront zu verarbeiten. „Scharrrrly komm!“ Charly stand. „Scharrrly komm!“ Charly fing an zu bellen und produzierte dabei Töne, die in den Ohren genauso schmerzhaft ankommen, wie seine Erscheinung an einem Sehnerv, der sich gerne mit Eleganz und Sportlichkeit umgibt. „Scharrrrrrly!!“ Da Scharrly Papa niemals eine Leine bei sich trägt, musste er seine Presswurst schnappen und davon tragen. Charlys schrilles Bellen klang noch lange durch die Häuserschluchten.

Danny

Ich glaube nicht an eine Diät. Jeder hat eine Chance verdient, aber ich würde mein letztes Hemd verwetten, dass Charly kein Gramm abnimmt. Anders herum gesehen wäre das außerdem nicht weniger fatal als seine Fettleibigkeit. Wenn Scharrly Papa das nicht schnallt – und davon ist auszugehen -, dann wird ein schlanker Charly sehr bald zu Tode stürzen. Heute nämlich ist die Lücke zwischen dem Balkonboden und der Balkonballustrade, an der er zu geifern pflegt, genau so klein, dass er mit seinem dicken Bäuchlein nicht hindurch rutschen kann. Sollte er aber tatsächlich Gewicht verlieren, wäre das sein Ende. Und zwar ein sehr hartes, etwa acht Meter weiter unten auf dem grauen Asphalt seiner Siedlung.

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Es hat Zeiten gegeben, in denen ich Charly genau deshalb mit Freuden bei seiner Diät unterstützt hätte. Doch seine einst so gefährlichen Zähnchen sind ganz gelb, seine Schnauze ist grau, sein Gang ist sehr müde und sein Auftreten lange nicht mehr so infernalisch wie noch vor ein paar Jahren. Er nervt zwar weiterhin, ist für uns aber keine ernstzunehmende Gefahr mehr. Vielleicht hat er ja noch ein paar Jährchen. Die gönne ich sogar dem dicken Charly. Aber Tyson, der könnte mal in eine Wohnung mit Balkon ziehen. Am besten in ein Penthouse im zehnten Stock. Nur um sicher zu gehen.

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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

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