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„Junge Frau, stolpern sie nicht! Ihr Schnürsenkel ist auf.“ „Ach, lass doch Theo! Ich mag gefallene Mädchen!“ Alles lachte und ich gleich mit, während ich mir meine Boots zuband. Ich mag die alten Herren. Wenn sie sowas sagen, dann klingt das nie schmierig oder anzüglich, sondern irgendwie liebevoll altmodisch.
Ich treffe die beiden oft in unserem Park. Zwei Kumpanen mit ihren alten Hunden. Der eine, Theo, führt immer sehr gemütlich seine meistens friedliche Terrierhündin aus. Sein Kollege trottet mit seinem nicht ganz so alten Jack-Russel nebendrein. Trotz seiner entsetzlich krummen Beine ist der kleine Rüde topfit und hat einen Stiernacken, der jeden Pitbull erblassen lässt. Als hätte er sein Leben lang nicht anderes gemacht, als Ratten Fangen.
Klar! Muss!
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Immer wenn ich den beiden begegne, kommen wir ins Gespräch. So wie gestern, als ich sie an der großen Wiese traf, an deren Saum im großen Sturm tatsächlich ein paar Bäume stehen geblieben sind. „Kalt heute, ne?“ Es geht immer mit dem Wetter los. Die beiden sind hemdsärmelige Recken, die in dem lärmenden, rauchenden, fauchenden, glühenden Ruhrgebiet groß geworden sind, das meine Generation kaum noch kennt. Strukturwandel sei Dank. Danny und Mono wedelten. „Ja, kalt ist es. Geht’s gut?“ Beide nickten kurz. „Klar! Muss!“ Theo kam von Höckschen auf Stöckschen und erzählte dann von dem Schäferhund seines Vaters.
„Damals haben die nicht so viel Geschiss um die Hunde gemacht. Die haben das Haus und den Hof bewacht und gut war. Damals konnten die Hunde auch noch auf die Straße laufen, ohne gleich überfahren zu werden. Und wenn sich dann mal ein Fremder auf unser Grundstück verirrt hat, dann ist der eben gebissen worden. Völlig normal. Da hat keiner gleich einen Anwalt einschaltet. Mein Vatter hat mir erzählt, dass ein Kumpel von ihm mal besoffen vom Stuhl gefallen ist. Der Hund hat sich auf ihn gestürzt und ihm den Anzug zerrissen. Ja und? Ist aber lange her!“
Dem Schäferhund hätte ich nicht begegnen wollen, aber ich bin ja auch die Generation, die Geschiss um die Hunde macht. Ganz im Ernst. Der Schäferhund von Theos Vatter hatte eine Aufgabe. Für ihn wurde gut gesorgt, aber er war ein wahrsten Sinne ein Nutztier. Meine Hunde haben keine Aufgabe. Sie sind unsere Begleiter. Fertig. Und wenn ich recht überlege, mache ich wirklich viel Geschiss um sie.
Herbert Knebel in der Zeitblase
Unser sehr verschrobener, aber lieber Nachbar, der etwa gleich alt mit Theo und seinem Kumpel sein muss, redet genau so. Er sieht exakt aus wie Herbert Knebel. (Ich glaube sogar, dass Uwe Lyko ihn zum Vorbild genommen hat.) Seine Eckkneipe ist seit mindestens zehn Jahren pleite, aber sie ist nach wie vor voll eingerichtet. Eine Zeitblase, in der man nur mal Staub wischen müsste. Jeden Abend geht er mit seiner uralten Katze auf seinem Garagenhof auf und ab. Er mag Danny und Mono sehr und manchmal reden wir ein bisschen. Neulich sagte er, er wäre zu alt für einen Hund. Außerdem, der Hund hätte keine Aufgabe. Was sollte er denn bewachen? Die Hunde seiner Eltern hätten noch richtig aufgepasst. Das sagte er mit viel Wehmut.
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Die alten Leute hier haben nach wie vor eine sehr pragmatisches Verhältnis zu Hunden. Ein Hund hat einen Nutzen und eine Aufgabe, sonst ist er überflüssig. Die kleinen Terrier von Theo und seinem Kumpel sind freundliche Begleiter, die vielleicht das Häuschen oder die Wohnung bewachen. Die Tiere werden geliebt, aber man hat sie nicht nur zum Spaß. Ich bin sicher, die beiden würden alles für ihre Tiere tun, sollt es ihnen mal schlecht gehen. Aber der rumpelige Ruhrgebietscharme erlaubt keine Pimpeligkeiten. Man macht einfach kein Geschiss ‚drum!
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5 Comments
Meistens laufen wir ja mit unseren Hunden im Wald. Wenn wir ausnahmsweise mal mit ihnen in der Stadt unterwegs sind, dann sind es IMMER die älteren Menschen die uns meist mit Wehmut auf unsere Vierbeiner ansprechen. Oft fallen Sätze wie „ach sind die aber schön“ oder „so einen hatte ich auch mal“ oder „ich hatte auch mal einen Hund, aber ich kann ja nicht mehr“. Und immer wenn man sich ein paar Sätze mit diesen Menschen unterhält, ist ihre Herzlichkeit fast greifbar. Solche Momente berühren mich sehr und sind einfach nur schön! Auch weil sie zeigen wie die Welt sein könnte wenn wir uns alle etwas anstrengen…
Sicher gehören auch wir zu den Menschen die ein wenig mehr „Geschiss“ um ihre Hunde machen wie es wohl früher der Fall war. Aber die Zeit schreitet ohne jede Rücksicht voran, ob wir wollen oder nicht. Und der Wandel unserer Gesellschaft in den letzten 2 bis 3 Generationen ist enorm! Das sich dabei auch die Bedeutung von Hunden, bzw. Haustieren ändert ist eigentlich nur logisch. Interessant finde ich, dass wir (die Tierhalter) ganz offensichtlich aus den verschiedensten Gründen einfach nicht „ohne“ können. Ich persönlich wollte nie einen Hund – und jetzt haben wir schon 2. Und wenn es nach mir ginge, dürften es noch mehr sein. Allerdings muss man ihnen natürlich auch gerecht werden und sie das sein lassen dürfen was sie sind – ein Hund! Und so lange DAS funktioniert ist es mir eigentlich auch wurscht ob sie Seelentröster, Begleiter, Kumpel oder Beschützer sind.
Jetzt habe ich schon wieder so viele Buchstaben sortiert… was ich eigentlich nur kurz sagen wollte: ein kleines Danke für die nette Geschichte aus dem Leben, geht runter wie Öl.
LG Wolfhart
Danke Wolfhart,!
Ich erlebe diese Herzlichkeit auch oft. Es ist schon erstaunlich, wie Hunde Dämme brechen können zwischen Menschen, die sonst vermutlich niemals ein Wort miteinander gewechselt hätten.
Entspannte Grüße
Meine ganze Familie hat immer jede Menge Tamtam um die Hunde gemacht, wobei sich jeder leidenschaftlich gegenseitig vorwarf, dass der jeweils Andere seinen Hund viel zu viel verwöhne. Die Hunde durften immer mit auf das Sofa, Urlaub ohne Hund war nicht denkbar und Erziehung war kein Thema. Die Familie erzog die Hunde wie uns Kinder, wer aus der Reihe tanzte bekam eins drüber, fertig. Seltsamerweise klappte das gut . Uns Kindern war es strengstens verboten die Hunde zu ärgern, beim Fressen zu stören oder sie auf ihrem Ruheplatz zu belästigen. Wurden wir erwischt, dann bekamen wir Ärger. Die Hunde waren und sind Familie. Als ich aus dem Elternhaus auszog, schwor ich mir, dass ich nie Hunde halten werde. Diese ständige Gassigeherei nervte unendlich. Denn auch dazu gab es zum Wohl des Hundes ein Pflichtprogramm. 3x täglich und davon mindestens 1x täglich eine große Runde im flotten Schritt von nicht unter einer Stunde. Was hat mich das als Teenager abgenervt. Kein halbes Jahr nach Auszug fehlten mir Hunde und Bewegung unendlich. Ein eigener Hund während der Ausbildung kam nicht in Betracht. Daher übernahm ich Gassihunde und Urlaubshunde. Die Umzugskartons im eigenen Haus waren noch nicht ausgepackt und die Farbe an den Wänden noch nicht trocken als endlich mein eigener Hund einzog. Und ich bin genauso Gaga wie der Rest meiner Sippe, inklusive Pflichtprogramm Gassigehen. Meine Hunde haben einen Job : Es sind soziale Diensthunde, die dafür sorgen, dass ich auch an unguten Tagen aufstehe, sie bringen mich zum Lachen und halten mich fit. Oder glaubt irgendwer, dass ich im Winter bei Regenwetter freiwillig ohne Hund eine Stunde durch eine lehmige, matschige Landschaft wandern würde? 🙂
Stefanie,
danke für deine schöne Geschichte. Wenn ich es sehe wie du, dann haben wir auch zwei Diensthunde. Seitdem sie da sind, hatte ich keine dicke Erkältung mehr. Ich bin ständig an der frischen Luft und habe viele, viele neue Leute kennengelernt. 🙂
Entspannte Grüße
Auf Dörfern ist es auch oft so das der Hund einen nutzen haben muss. Bei unseren Bauern auf jeden Fall. Die Katze muss Mäuse fangen in der Scheune und der Hund muss aufpassen. Machen sie es nicht sind die Bauern mehr als verschnupft.