Fast täglich

Ich Chef! Du Nix!

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Bevor ich ohne Umwege von der Schutzhund-, Hundeplatz- und Beißmichaufkommando-Community auf die Mütze kriege, schicke ich gleich vor weg, dass ich im Folgenden nur beschreibe, was ich gesehen und erlebt habe. Ich weiß, dass es auch nette Schäferhundleute gibt, die freundlich zu ihren Hunden sind, doch gestern waren genau die nicht anwesend.

Mono musste zum Doc. Wie ich meinte, hatte er sich etwas in die linke Vorderpfote getreten, das ich nicht im Stande war, herauszupulen. Die Praxis unseres Veterinärs liegt auf dem Gelände der hiesigen Trabrennbahn. Voll ist es eigentlich immer, doch es lässt sich prima draußen auf dem Gelände warten. Dort stehen Bänkchen und zum Schnacken ist eigentlich immer jemand da. Nach fünfeinhalb Jahren kennt man sich irgendwie.

Klischees über Klischees

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Es war offensichtlich der Tag des Schäferhundes. Ob sie sich alle verabredet hatten, hey, heute gehen wir mal zusammen zum Tierarzt, oder ob sie sich zufällig trafen, werde ich nie erfahren. Sie kannten sich und erfüllten in meinen Augen alle gängigen Klischees. Einer der Herren ging mit einem großen Deutschen Schäferhund an der kurzen Leine auf und ab. Der Hund schlingert langsam und unsicher. Er hatte extrem gewinkelte Hinterläufe und die typische stark abfallende Rückenlinie. Trotz oder wegen seiner offensichtlichen Behinderung versuchte der große Rüde, alles anzugehen, was in seine Nähe kam.

Bloß weggucken
Bloß weggucken

Der zweite Mann saß auf einer Bank. Massig, laut, grob, im Blaumann. An einer dicken Kette japste ebenfalls ein Schäferhund. Er war etwas kleiner als sein hüftkranker Kollege, fast ganz schwarz und in meinen Augen ungewöhnlich kurzbeinig. Dafür aber umso grantiger. Seinen Augen legten sich jeden fremden Hund zurecht, jedes Mal ruckte er heftig an seiner Kette und knurrte böse. Sein Besitzer antwortete stereotyp mit heftigerem Rucken und einem drohenden, lauten „Lasses, duuuuu!“

Seife vom Chef

Der dritte Mann kam mit einem Junghund vom Parkplatz. Oder eher der Junghund mit dem Mann. Er riss an der Leine, rannte hektisch hin und her, sprang vor und zurück. Der Kleine war richtig wild, aber nett dabei. So wie junge Hunde nunmal sind. Doch jedes Mal, wenn er hüpfte, bekam er Seife von seinem Chef. Der Mann riss so stark am Halsband, dass der Kleine fast einen Salto rückwärts machte. Hör auf! Hör auf!

Da die Hunde sich nicht näher kommen durften, schrie man sich Informationsfetzen zu. Der Kleine hatte sich wohl auf dem Hundeplatz mit irgendeiner Pest angesteckt. Der große Schwarze hatte sich selber ein Stück von der Rute abgebissen. Das würde ich wohl auch tun, wenn ich mein Leben mit einer armdicken Kette um den Hals in den Händen dieses Klotzes fristen müsste.

Je lauter desto Sitz

Ein derber, aggressiver Kasernenton hallte im Sekundenrhythums über das Stallgelände. Entweder aus der einen oder aus der anderen Richtung. Mono stand ganz still neben mir. Ich spreche immer sehr leise mit ihm. Nur sehr selten muss ich meine Stimme heben, und dann weiß er, jetzt ist Achterbahn. Die Brüllerei, die abgehackten, ruppigen Befehle der Schäfer-Männer brachten ihn noch mehr aus dem Konzept, als es der Tierarztbesuch allein schon tat. Er wusste nicht mehr, wo er hingucken sollte, also hielten sich seine Blicke an mir fest. Gut so! Ich wurde immer leiser und leiser. Die Frau neben mir versuchte verzweifelt, ihren kleinen Terrier zu beruhigen. Sie flüsterte: „Schrecklich, finden sie nicht auch?“ Ja, ich fand es auch schrecklich.

Schau mich an

Ist es denn so schwer, mal nett zu sein? Muss man Schäferhunde immer so anbrüllen? Brauchen sie keine Streicheleinheiten? Muss man einen sechs Monate alten Junghund so behandeln? Oder braucht das Ego dieser Simpel den Kick, sich eine vierbeinige Waffe an einer rostigen Kette heranzuziehen?

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Ich habe ja Verständnis dafür, dass man einen Wach- bzw. potenziellen Schutzhund nicht wie einen Whippet erziehen darf. Aber mir kann niemand erzählen, dass diese Brutalität, diese Grobheit und diese Kälte den Tieren gegenüber nötig ist. Zumal sie im Falle des Junghundes überhaupt keinen Effekt hatte. Egal wie oft dieser Mann Sitz brüllte, der Hund setzte sich nicht. Der hatte keinen Bock auf Sitz. Die Pferde waren viel spannender. Hätte er zumindest ganz in Ichbinchefduwurstbrüllmanier das Sitz durchgesetzt. Hat er aber nicht. Er stand hilflos da und grinste. Lass den Jungen Wilden mal groß sein, dachte ich. Na dann gute Nacht.

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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

11 Comments

  1. Wer es im Leben zu nichts bringt, sucht sich was, das er selbst niedermachen kann. Leider ist das meistens ein armer Hund…

  2. diese Leute findet man leider überall, und sie sind auch überall gleich. Die Hunde haben keine Chance ein gute Beziehung zu ihrem Menschen aufzubauen. Wenn dann mal was passiert ist es aber der böse Hund, der ja schon aggresiv zur Welt kam.

  3. Solche Typen hat und wird es leider immer wieder geben. Aber glücklicherweise hat sich nach meinen Beobachtungen in der Gebrauchshundszene in den letzten Jahren vieles zum Positiven gewendet und es erfolgt auch hier inzwischen die Erziehung und Ausbildung verstärkt über das Belohnungsprinzip.
    LG Monika

  4. Ich kenne glücklicherweise auch Schäferhunde, die nicht so schlimme Rückenprobleme/HD haben und als ganz normale Hunde leben dürfen. Mit normalen, gesprochenen und belohnten Kommandos, die auch befolgt werden. Dan kenne ich da noch die perfekt hörenden, ‚Nase-an-Bein‘ Schäferhunde, die undefiniert freundlich sind, weil sie niemals Kontakt zu meinem Köterli aufnehmen (würde ich auch nicht – er hasst Schäfehunde -.- ) Und dann gibt es da die oben beschriebenen. Bei uns, etwa dreihundert Meter um die nächste Ecke und dann nochmal zweihundert Meter Feldweg ist ein Schäferhundeplatz, da kennt man alle Facetten.
    Im Urlaub trafen wir allerdings einen Wunderbaren Prototypen. Riesig groß für Schäfer, Rücken wunderschön waagerecht, Beine annähernd normal, sieben Jahre, hört wie eine eins, verträglich und – NICHT im Schutzhundedienst. Aber: Erfolgreich im Trickdogging! Jetzt stelle sich jemand ein mittelaltes Ehepaar, beide recht grß, Mann sehr stämmig vor, mit einem riesen Tier an Schäferhund. Laut Klischee ist das nächste Kommando ein Scharfes ‚Fußß!‘. Neee, es war ein Peng, und der Hund, auf der anderen Seite der leeren Wiese fiel wie erschossen um. Dann ein leiser Pfiff, Hund steht auf, rennt Richtung Herrchen, Herrchen sagt leise: Haalt, Rolle. Hunt hält vorschriftsgemäß an, rollt sich wie bekloppt durch das nasser Gras und kommt freudig zum Besitzer. Dafür erhält er natürlich ein Stück Käse. Mein Hund guckte nur blöd. (Den Schäferhund mochte er sogar 😉 )

    • Toll! 🙂 Meine Whippen würde vermutlich auch nur doof gucken. Nasse Wiese? Rollen? Bist du bescheuert? 😉

      Entspannte Grüße

  5. Ich hatte früher auch Schäferhunde- wunderschöne langhaarige mit „geradem“ Rücken- meine drei Kinder wuchsen mit ihnen heran, durch und mit diesen feinen, verlässlichen Schäferhunden wuchs ebenfalls eine tiefe Hundeliebe.
    Nun, ich behandelte meine Schäferhunde allerdings nicht großartig anders, als meine Whippets heute- und wir verstanden uns blind. Ohne Gebrülle, allerdings auch ohne Schäferhundeplatz 😉

    Grüßis
    meike

  6. ich hab auch ein ambivalentes Verhältnis zum Schäferhund – leider. Spätestens seit Dobby von einem „gewickelt“ wurde und sich glücklicherweise herauswinden und hinter mich flüchten konnte. Die hilflose Omi, die ihren Liebling frei hat laufen lassen, meinte nur, „meist hört er, nur, wenn es drauf ankommt, da hört er nie!“ Super Aussage. Ich hab aber in Holland am Hundestrand auch schon supernette Schäfer sowohl in weiß als auch in dunkel kennen gelernt und tollte Fotos von spielenden Whippets mit Schäfern gemacht. Die waren richtig dicke… Kommt halt immer auf das andere Ende der Leine an – hier das zweibeinige.

  7. Mit den Schäferhunden hier vor Ort gibt e auch keine neten Kontakte, viele gehen auf den örtlichen SV-Platz und diese Hunde müsen funktionieren.
    D.h. sie müssen auf dem Platz ihren Part abspulen und dürfen nicht durch Kontakte zu anderen Hunden abgelenkt werden, von Anfang an.
    So einer kam uns vor Jahren übers Feld entgegen geflogen. Herrchen brüllte nur „der tut nix“ aber als der mit gefletschten Zähnen auch Isabelle zu donnerte gingen ihm gleich drei Corgis entgegen. Pfoten, Rute, Bauch und die Zwerge waren so giftig das der ganz schnell abdrehte und mit gekniffener Rute zurück rannte.
    Verfolgt von drei richtig sauren Corgis. Da waren es dann ganz schnell meine Mistköter die ich gefälligst unter Kontrolle bringen sollte. Hab ich auch, die hören ja schließlich.
    Das der Umgangston so laut und ruppig ist liegt vielleicht auch daran, dass der Ausbilder die Kommandos hören will und da muß man laut reden.
    Habe ich auch auf den Dobermannplätzen so erfahren. Meine beiden Mädels haben dort auch nur die Begleithundprüfungen absolviert und das war es dann auch. Fährtenarbeit war noch dabei und die erste Stufe der Schutzhundausbildung. Gehörte dazu wenn man die BH machen wollte aber so richtig klasse fand ich es nicht. Meine Hunde standen immer zu mir wenn es drauf an kam und warum soll ich sie dann trimmen, tausend Sprünge absolvieren lassen und den Verschleiß von Knochen und Gelenken fördern?
    LG
    Michael

  8. Ich dachte eigentlich, diese Gattung Homo Sapiens ist nun so langsam am Aussterben. Leider findet wohl nur auf wenigen SH Plätzen ein Umdenken statt.
    Bei mir lebt neben zwei Barsois auch eine Schäferhündin. Langhaarig, gerader Rücken, inzwischen 8 Jahre alt und sehr freundlich. Wir hatten lange gesucht, einen Züchter zu finden, der keine reine Zwingeraufzucht hat, nicht mit der Bissigkeit der Eltern prottet und nicht diese furchtbar abfallenden Rückenlinien in der Zucht hat. Wir sind fündig geworden, allerdings nicht beim VDH/SV. Trotzdem haben viele Angst vor unserem Mädel, aber die Meisten sind dann doch überrascht, das von ihr weder andere Hunde noch Menschen gefressen werden. Und wenn ich sie anbrüllen würde, dann würde sie womöglich vor Verzweiflung unter den Rasen kriechen, weil sie es nicht kennt.
    Ich hätte mir dort beim Tierarzt ganz furchtbar auf die Zunge beißen müssen. Manchmal kann ich nämlich Kommentare nicht lassen.

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